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Klassifizierung von Krypto-Assets

Die Einordnung von Münzen (Coins) und Wertmarken (Token) ist primär für rechtliche und sekundär für steuerliche Betrachtungen von Bedeutung.

An dieser Stelle möchten wir unsere Überlegungen zur Kryptoklassifzierung Diskussion stellen.

Ein weiteres Anliegen unserer Kryptoklassifizierung ist das Eindeutschen angelsächsischer Begriffe, die vielen Menschen außerhalb der Kryptoszene unklar sind und es auch bleiben werden, wenn man sich nicht bemüht, sich verständlich auszudrücken.

Eine neue Vermögensklasse

Wir sind der Meinung, dass Krypto-Assets eine neue Vermögensklasse darstellen. Daher können gesetzliche Regeln nur bedingt übertragen und angewendet werden. Vielmehr sollte sich die Kryptogemeinde eigene Regularien überlegen und diese den nationalen Gesetzgebern zur Umsetzung vorlegen.

Durch die politische Regulierung darf der Opensource-, also der Gemeinschaftsgedanke nicht zerstört oder ad absurdum geführt werden.

Kryptogeld steht im Wettbewerb zu politischem Geld. Zentralbanken bestimmen die Regeln für politisches Geld. Im Kryptomarkt kann niemand allein bestimmen.

Menschen sollen frei entscheiden können, ob sie zentral bestimmtes Geld oder ein Geld nutzen wollen, bei dem die Gemeinschaft der Nutzer die Regeln festlegt.

Kryptoklassifizierung - Der Unterschied zwischen Coin und Token

Wenn man die beiden angelsächsischen Begriffe ins Deutsche übersetzt, stellt sich die Frage des Unterschiedes zwischen Münze (Coin) und Wertmarke (Token).

Coins sind Münzen. Sie sind wie Geld, dessen Wert bekanntermaßen Glaubenssache ist — auch im Kryptobereich. Kryptomünzen existieren nur in ihrem eigenen Ökosystem, d.h. nur in ihrem meist gleichnamigen Ökosystem. Sie sind das native Asset (Basiswährung) in einem kryptografisch gesicherten Bereich. Die Nutzer eines Ökosystems bestimmen die Eigenschaften ihrer Münzen, z.B. die Transaktionscharakteristiken (Blockzeit, Blockgröße, Konsensmechanismen) und die Erzeugung neuer Münzen. Münzen sind mit dem jeweiligen Ökosystem untrennbar verbunden.

Token existieren in einem fremden Ökosystem. Gibt es Veränderungen in diesem Ökosystem, so sind die Token davon betroffen — ohne die direkte Möglichkeit, eine sofortige Änderung herbeizuführen.

Token sind Wertmarken für ein Produkt, einen Service, ein Anrecht oder einen Anteil an etwas Größerem oder auch virtuelles Nichts. Wertmarken können ähnlich den Jetons im Casino gegeneinander getauscht werden oder nur einen Sammlerwert repräsentieren.

Transaktionen mit Token werden durch den Versender oft mit Guthaben in der Blockchain-Währung bezahlt, müssen aber nicht. Token können fungibel oder einzigartig sein.

Token haben gegenüber herkömmlichen Wertmarken den Vorteil, dass sie einfach gegeneinander getauscht werden können. Daher bevorzugen wir an dieser Stelle den Begriff Token anstatt elektronische Wertmarken.

Kryptoklassifizierung - Die Erläuterung von Münzen und Token

Um eine Münze oder eine Wertmarke einzuordnen, geht man am besten von links nach rechts vor und prüft, in welche Kategorie das Krypto-Asset eingeordnet werden kann, d.h.

Münze? ⇒ Ertragstoken? ⇒ Rohstofftoken? ⇒ Spaßtoken? ⇒ Unlauteres Token?

Die Kategorie, deren Einordnungsfrage bejaht werden kann, passt. Rechtliche und steuerliche Bewertungen erfolgen dann aufgrund der kategorischen Einordnung. Denn Einzelfallentscheidung ist das Beste für das langfristigste Aufrechterhalten von Unsicherheit und dem Anheizen von Diskussionen.

Münzen

Blockchain-ähnliche Systeme im Kryptobereich basieren immer auf Münzen, die in Transaktionen verwendet werden. Als intrinsischer Blockchain-Wert existieren die Münzen nur innerhalb des Krypto-Ökosystems. Nur hier wechseln die Münzen den Besitzer. Der Besitzerwechsel kann mit Vorgängen außerhalb des Ökosystems in Verbindung stehen.

Dennoch können Token, wie nachfolgend gezeigt wird, mehreren Kategorien zugeordnet werden, bzw. es kann auch ein Wechsel der Kategorie im Laufe der Existenz eines Tokens vorkommen. Entsprechend werden dann eventuell zu definierende Regelungen für spezifische Tokenkategorien von Anfang an oder sukzessiv anwendbar.

Die kategorische Regelung von Tokens ist zu favorisieren. Regelungen im Rahmen von Einzelfallentscheidung sind ungeeignet, denn sie erhalten Unsicherheit und provozieren langfristige Diskussionen.

Münzen

Eine Blockchain und seine Nachfolger basieren immer auf Münzen, mit denen Transaktionen gebildet werden. Als intrinsischer Blockchain-Wert existieren die Münzen nur innerhalb des Krypto-Ökosystems. Nur hier wechseln die Münzen den Besitzer. Auch beim Handel auf vermeintlich vom Ökosystem unabhängigen Börsen, verlassen diese Münzen das Ökosystem nicht. Der Besitzerwechsel kann jedoch mit Vorgängen außerhalb des Ökosystems in Verbindung stehen.

Die Münzen eines Ökosystems werden entweder vorgemünzt oder stetig mit neuen Blöcken erzeugt. In den meisten Fällen werden Münzen zum Bezahlen von Vorgängen entweder im Ökosystem oder für Vorgänge außerhalb verwendet werden.

Münzen können zusätzliche Funktionen bereitstellen, die denen von Wertmarken ähneln. Basisfunktionalität ist Bezahlen, sogar wenn die Transaktion an eine Adresse gesendet wird, für die niemand einen Schlüssel hat (Verbrennen von Münzen, engl. Burn).

Beispielsweise speichert die Universität Nikosia (Zypern) den Hashwert von Zertifikaten in der Bitcoin-Blockchain. Dies entspricht der Funktionalität von Daten-Token. Sie kommt quasi auf die Bezahlfunktionalität oben drauf.

Token (allgemein)

Im Unterschied zu Münzen erfolgt die Emission von Token auf einer fremden Plattform.  Die Tokenemittenten unterwerfen sich den technischen Regeln eines fremdgesteuertem digitalen Ökosystems.

Spezifika der einzelnen Token werden nachfolgend erläutert.

Bezahltoken

Der Token wurde primär als Zahlungsmittel konzipiert, unterscheiden sich aber von Münzen zum einen in der Abbildung als Token und zum anderen in der regelmäßig eingeschränkten Nutzbarkeit. In der Regel ist vorgegeben, wofür bezahlt werden kann.

Ertragstoken

Bei Ertragstoken steht der Rückfluss eines Tokens im Vordergrund des Kauf- und Halteinteresses. Ob ein Ertragstoken einen Wert/Anteil – ähnlich einer Aktie – repräsentiert oder nur wie ein Genussrecht gestaltet ist, spielt für die Zugehörigkeit zu dieser Tokenklasse eine untergeordnete Rolle.

Ob Aktientoken neben des Anrechts auf Gewinnausschüttungen auch zur Teilnahme an Abstimmungen berechtigen, spielt für die Zugehörigkeit zur Gruppe der Ertragstoken keine Rolle, ebenso wenig, wenn es aktuell keine Gewinnbeteiligung gibt und ein Mitbestimmungsrecht der maßgebliche Auslöser für den Erwerb war.

Ertragstoken sind tokenisierte Wertpapiere auf der Blockchain (engl. Security- bzw. Equity-Token). Wenn es sich nur um einen Anteil an einer Unternehmung und nichts weiter handelt, dann ähneln Ertragstoken den Rohstofftoken.

Ein Rohstofftoken wird zum Ertragstoken, wenn das emittierende Unternehmen (spätere) Gewinnbeteiligungen verspricht. Die Beteiligungsmöglichkeit an Abstimmungen macht keinen Anrecht- bzw. Rohstofftoken zu einem Ertragstoken.

Gewinnbeteiligungen bedeuten, dass Kapitalmarktgesetze ähnlich der Emission von Aktien und Genussrechten Anwendung finden. Dies hat sowohl juristische als auch steuerliche Auswirkungen.

Bezüglich der Funktionalität sind Ertragstoken eine Kombination von Produkttoken (Firmenanteil/Sachwert), Anrechttoken (sofern mit abgestimmt werden kann) und Geldrückfluss (ähnlich Aktiendividenden).

Rohstofftoken

Ein Rohstofftoken repräsentiert etwas aus der realen Welt, sowohl virtuelle als auch physische Assets. Beispiele können eine Uhr, ein Auto oder eine Wohnung sein, sofern damit nicht Erträge erwirtschaftet werden.

Produkttoken

Ein Produkttoken ist eine Untergruppe der Rohstofftoken. Er steht für einen Sachwert, für etwas Verdinglichtes, z.B. ein Produkt, ein Lebewesen, einen Anteil an einer Unternehmung (Wertpapier) oder ein Grundstück. Produkttoken sind nicht fungibel.

Problematisch bei Rohstofftoken und damit auch Produkttoken ist die zweifelsfreie Verknüpfung von Sachwert und tokenisiertem Pendant.

Servicetoken

Ein Servicetoken ist eine Untergruppe der Rohstofftoken. Er steht für eine Dienstleistung, die in Anspruch genommen werden kann. Servicetoken sind fungibel.

Anrechttoken

Ein Anrechttoken ist eine Untergruppe der Rohstofftoken. Er symbolisiert ein Anrecht, also etwas virtuelles. Dies kann eine Eintrittskarte, eine (Software-)Lizenz oder ein Recht an einer Abstimmung teilzunehmen sein. Anrechttoken sind fungibel.

Ein Anrechttoken kann eine allgemeine Rabattmöglichkeit beim nächsten Einkauf darstellen. Beispielsweise sind die durch Burger King in Russland emittierten Whoppercoins keine Produkttoken, da sie keine konkrete Sache repräsentieren, sondern nur ein Anrecht, für 1.700 WhopperCoins einen Whopper-Burger zu erhalten. Könnten die Whoppercoins als universelles Tauschmittel, d.h. zum Erwerb beliebiger Sachen und Dienstleistungen verwendet werden, dann müsste man diesen Token der Gruppe der Bezahltoken hinzurechnen.

Datentoken

Diese Tokenform beinhaltet Informationen, egal welcher Art von Daten. Dies kann eine digitale Identität, ein Zertifikat bzw. dessen Hash oder eine lokale Temperatur sein. Datentoken sind nicht fungibel.

Wenn ein Rohstofftoken eindeutig einem Sachwert bzw. dinglichen Objekt (z.B. gechippten Tier) zuordenbar ist, dann ist es ein Produkttoken.

Alles was Daten enthält und der Gruppe der Rohstofftoken zugeordnet werden kann, aber weder ein Produkt-, Service- oder Anrechttoken ist, ist ein Datentoken. Datentoken könnten auch als eigene Hauptgruppe neben Bezahl-, Ertrags- und Rohstofftoken angesehen werden.

Gerade im Hinblick auf digitale Identitäten (DID) können Datentoken mit anderen Datentoken verknüpft sein, um z.B. nur einen Teil der Daten des Haupttokens zu enthalten.

Datentoken sind individuell (nicht fungibel)! Prominentestes Beispiel sind die Kryptokatzen. Man könnte meinen, sie sind ein Rohstofftoken, da jeder Token eine konkrete Katze repräsentiert. Aufgrund der fehlenden Dinglichkeit sind sie kein Produkttoken, sondern nur ein Datentoken.

Spaßtoken

Spaßtoken fungieren weder zum Bezahlen noch repräsentieren sie einen Sachwert oder gar Wert. Sie sind daher als für die Allgemeinheit nutzlos bzw. wertlos, nicht aber als schädlich einzustufen.

Ein gutes Beispiel eines Spaßtokens ist das "Useless Ethereum Token - The world's first 100% honest Ethereum ICO". Zitat von https://uetoken.com/ 

Wait… is this a joke? Is it a scam?

Neither! This is real—and it's 100% transparent. You're literally giving your money to someone on the internet and getting completely useless tokens in return.

There are no “whitepapers,” no “products,” and no “experts.” It's just you, me, your hard-earned Ether, and my shopping list.

Spaßtoken sind wie die Bonuspunkte bei TripAdvisor oder wie die wertlosen Punkte auf anderen Internetplattformen. Ein Verein könnte für Spenden bzw. Mitgliedsbeiträge einen Spaßtoken ausgeben.

Viele ITO geben Token aus, bei denen zwar das Projekt crowdfinanziert wird. Geplant ist oft, dass man später mit diesen Token auf der gleichnamigen bezahlen können soll. Erst dann entscheidet es sich, ob aus dem Spaßtoken ein Produkt-, Service- oder Anrechttoken wird.

Unlautere Token

Hierunter fallen Betrügereien, die von manchen als Scams bezeichnet werden. Da es im vornherein nicht immer klar ist, ob es wirklich ein Betrug ist, drücken wir es vorsichtig aus und fassen den Begriff recht weit. D.h. Token, die ihren Nutzen, die Art und Weise der Emission und das Team nur unzureichend präsentieren, lassen sich als unlautere Token einordnen, sofern sie kein Spaßtoken sind.

Bei unlauteren Token lassen die Token-Emittenten die Tokenkäufer über ihre konkreten Absichten im Ungewissen.

Methodik und Beispiele der Kryptoklassifizierung

Da Token nicht selten hybride Ausgestaltungen aufweisen, schlagen wir eine einfache Handhabung vor, indem Münzen und Token (rechtlich und steuerlich) der ersten Klasse zugeordnet werden, deren Klassifizierungsfrage bejaht werden kann:

  1. Wird das Kryptoasset als Basiswährung, d.h. zum Bezahlen von Transaktionsgebühren in einem Ökosystem, bzw. wie universelles Geld (€/$) benutzt?
    Wenn ja ⇒ Münze.
    Beispiele: BTC, ETH/ETC, WAVES, XEM (NEM), GAS (NEO)
  2. Ist das Kryptoasset vorrangig als Zahlungsmittel konzipiert?
    Wenn ja ⇒ Bezahltoken.
    Beispiel: TETHER (Bitcoin-Token via Omni-Layer-Protokoll)
  3. Repräsentiert das Kryptoasset einen Anteil an einer Unternehmung bzw. eine rückfließende Gewinnbeteiligung? Bietet es möglicherweise (noch weitere) Möglichkeiten wie Rückkaufsversprechen bzw. Mitbestimmungsrecht?
    Wenn ja ⇒ Ertragstoken.
    Anmerkung: Ertragstoken ähneln oft Genussrechten. In seltenen Fällen sind sie aktienähnlich. In diesem Fall können Sie einen klar definierten Anteil an einer Unternehmung verbunden mit Mitbestimmung und weiteren Rechten darstellen.
    Beispiele: EVN (Envion, ERC223), OCT (Octrit, ERC20), KUCOIN Shares (KCS, ERC20)
  4. Repräsentiert das Kryptoasset einen Gegenstand, also etwas Greifbares?
    Wenn ja ⇒ Produkttoken.
    Beispiel: WhopperCoin (WAVE-Token)
  5. Repräsentiert das Kryptoasset eine Dienstleistung, die in Anspruch genommen werden kann?
    Wenn ja ⇒ Servicetoken.
    Beispiel: BNB (BinanceToken zu rabattierten Bezahlen von Ordergebühren, ERC20)
  6. Repräsentiert das Kryptoasset ein Anrecht, eine Lizenz, ein Zutrittsrecht, ein Umtauschrecht in einen Nachfolgetoken/-münze oder ähnliches?
    Wenn ja ⇒ Anrechttoken.
    Beispiel: DAO-Token in ETH
  7. Repräsentiert oder beinhaltet das Kryptoasset Daten bzw. etwas Einzigartiges, nicht Fungibles?
    Wenn ja ⇒ Datentoken.
    Beispiel: CryptoKitties (ERC721), Decentraland (ERC721), CryptoPunks (ERC721)
    Anmerkung: Derzeit wird bei Datentoken nicht zwischen digitalen Identitäten, digitalen Einzelstücken und reinen Daten unterschieden. Digitale Einzelstücke könnten auch als Produkttoken klassifiziert werden, z.B. die Kryptokatzen. Die rechtlichen Auswirkungen dürften allerdings die Selben sein.
  8. Hat das Kryptoasset weder einen wirtschaftlichen Nutzen für den Halter noch wird jemand damit geschädigt?
    Wenn ja ⇒ Spaßtoken (Symboltoken).
    Beispiele: Farbige Bitcoin, UET (Useless Ethereum Token, ERC20), die meisten ITO-Token symbolisieren ein wages Versprechen auf etwas Künftiges (solange man mit den Token nichts konkretes auf der zugehörigen Plattform oder anderswo eintauschen kann, bleiben sie Spaßtoken)
  9. Ist zweifelhaft, ob das Kryptoasset für das verwendet wird, für das die Emittenten es vorgeben? Kann die konkrete Geschäftstätigkeit nicht mit Zahlen und Fakten untermauert werden? Oder ist es ein klarer Betrug bzw. verstößt es gegen bekannte gesetzliche bzw. moralische Regelungen?
    Wenn ja ⇒ Unlauteres Token.
    Beispiel: Bitconnect (eigentlich Coin, aber intransparentes Geschäft)

(ta)

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Die Reihe wird fortgesetzt. Die nächsten Teile beschäftigen sich mit Smart Contracts, rechtlichen und steuerlichen Betrachtungen.

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Letzte Änderung: Mittwoch, 07.08.2019   ◊   Erstellt von TYPO3-Beratung.com, Nürtingen
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